[Rezension] Mein bester letzter Sommer | Anne Freytag

Hallihallo ihr Lieben! Der April ist bei mir eigentlich schon ein sehr komisches Lesemonat, entweder mir gefallen die gelesenen Bücher so gar nicht und ich breche sie ab oder wie es hier der Fall war und auch schon bei Die Stille meiner Worte, ich verschlinge die Bücher auf einmal, weil sie mich einfach so sehr fesseln. Und so möchte ich euch von einem meiner ersten Sommerbücher dieses Jahr berichten.

Du warst bestimmt schon tausendmal in Gedanken in Italien, aber du warst noch nie mit mir dort. Lass uns abhauen. Lass uns Dinge tun, die du nie vergisst. (S. 134)

Tessa ist todkrank. Den lieben langen Tag sitzt sie zu Hause und verflucht ihr Leben, das sie nie in vollen Zügen genossen hat, weil sie dachte, sie hätte noch Zeit. Die hat sie nun aber nicht mehr. Doch alles ändert sich, als sie Oskar kennen lernt. Er weiß zunächst nichts von ihrer Krankheit und behandelt sie normal. Als wäre sie ein Mädchen ohne Ablaufdatum. Doch ist es fair, sich in jemanden zu verlieben, wenn man stirbt? Wenn man bald stirbt? Wenn man vielleicht noch Wochen hat? Als sie Oskar alles erzählt, reagiert er nicht wie erwartet. Er stößt sie nicht weg, sondern holt sie näher zu sich, möchte in ihrer Nähe sein. Und er möchte Tessa ihren besten letzten Sommer schenken … und so beginnt eine Reise in das Land der Zitronen, Italien. Für Tessa fühlt es sich das erste Mal in ihrem Leben an als könnte sie endlich atmen, doch muss sie gleichzeitig Abschied nehmen von einem Leben, das sie gerade erst lieben gelernt hat …

Ich gebe „Mein bester letzter Sommer“ von Anne Freytag 5 von 5 Sternen.

Die einen werden sich nun wahrscheinlich fragen, warum man sich ein Buch kauft, von dem klar ist, das es kein Happy End haben wird. Dass man am Ende mit glasigen Augen dasitzt und das Buch verflucht, es aber gleichzeitig drückt und lieb hat, weil einen die Geschichte so berührt hat. Weil Tessa eine unglaubliche Protagonistin war und ich sie von der ersten Seite in mein Herz geschlossen habe. Vor einem halben Jahr hätte ich wahrscheinlich auch die Leute ausgelacht, die sich schon vorsätzlich auf ein trauriges Ende einstellen, aber jetzt gehöre ich selbst zu diesen verrückten Tanten. Warum also? Eigentlich ist das ganz einfach: Auf meiner Pinnwand hängt ein Spruch, der folgender Maßen lautet:

Maybe it’s not about the Happy Ending, maybe it’s about the story.

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Und ja, das kann ich einfach nur unterschreiben, denn dieses Buch ist einfach unglaublich. Es hat mir 400 Seiten Gänsehautmomente bereitet und die Chemie zwischen Tessa und Oskar hat schlicht und ergreifend gestimmt. Oft gab es so irrwitzige Gespräche, bei denen man einfach nicht anders konnte, als lauthals loszulachen, doch die wurden aufgewogen mit Szenen, die einen zum Schlucken und zum Weinen gebracht haben. Bei denen man am liebsten Schreien würde, weil das Leben so ungerecht ist. Und wisst ihr, wozu die Kombination aus Gänsehaut-Momenten und Lach-Momenten geführt hat? Dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte und es auf einmal durchgelesen habe.

Mein gesamtes Leben bestand aus dem ersten Gang, weil ich irgendwie dachte, dass ich für den zweiten noch genug Zeit habe. Weil ich dachte, dass ich dafür noch zu jung bin. (S. 20)

Aber beginnen wir von vorne, da wäre Tess, die Protagonistin. Man lernt sie kennen als ein Mädchen, das schon aufgegeben hat. Ihr Leben hat für sie keine Bedeutung mehr und noch mehr verflucht sie es, weil ihr eine Zeit lang ihre Noten und Anerkennung wichtiger waren, als ihr Jugendleben zu genießen. Sie fühlt sich hässlich und entstellt, sie fühlt sich nutzlos und wertlos.

„In einer Sekunde leuchten deine Augen und in der nächsten sind sie plötzlich völlig leer.“ Ja, er sieht mich. Er sieht mich besser als jeder andere. „Wenn du lächelst strahlt alles, und dann, ganz plötzlich, wird dein Gesicht zu dieser Maske, die aussieht wie du, sich aber nicht mehr so anfühlt. (S. 96)

Bis zu diesem einen Augenblick. Dieser Augenblick, der ihr Leben auf den Kopf stellt, als sie Oskar kennenlernt. Mit Oskar fühlt sie sich wie ein ganz normales Mädchen ohne Probleme und dieser nimmt sie auch ganz anders wahr, als sie sich selbst fühlt. Dazu aber gleicht mehr.

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Zuerst möchte ich noch ein paar Worte zu unserem lieben Oskar sagen. Er ist vielleicht kein Daemon gewesen, aber es kam doch nah dran. Wie er Tessa zugehört hat, wie er ihr Leben eingehaucht hat, das das Mädchen gar nicht mehr hatte, und wie er blöde Sprüche geschoben hat, als gingen sie ihm nie aus. Doch Oskar hat sein Leben vor sich und Tessa ihres hinter sich. Das war es wahrscheinlich, was mich zutiefst verletzt hat, denn während er sich Stück für Stück mehr in Tessa verliebt hat, wusste sie, es ist nicht gut, einen Menschen auf diese Weise leiden zu lassen. Vor allem, da auch Oskar eine schwere Kindheit hinter sich hat.

Ich muss lachen. Nein, mit Oskar habe ich nicht gerechnet. Mit ihm und diesem Kribbeln. Ich sitze nur da und starre auf meinen Bildschirm, mit diesem Lächeln auf den Lippen und den Tränen, die mir in die Augen steigen und seine Worte zu schwarzen Flecken verschwimmen lassen. (S. 51)

So, dann kommen wir einmal zu einem Thema, das die einen Herzen höher schlagen lassen wird und die anderen das Buch verfluchen lassen wird. Denn die Liebe zwischen Tessa und Oskar war sowas von Instalove. Ich kann es einfach nicht schöner umschreiben, wobei ich sagen muss, dass sie mir in diesem speziellen Fall mehr Nervenkitzel bereitet, als genommen hat. Dieses Zitat von ihrer ersten Begegnung, lässt euch vielleicht verstehen, was ich meine.

Oskar. Meine Hand scheint wieder zu gehorchen und, greift nach dem Glas und führt es an meine Lippen. Ich spüre, wie die kalte Flüssigkeit meine Kehle hinunterläuft. Während ich trinke, sehe ich über den Glasrand hinweg. Das ist einfach nicht möglich! Ich muss träumen! Aber ich träume nicht. Er ist hier. (S. 36)

Doch die Chemie zwischen den beiden Protagonisten hat einfach gestimmt, jedes Mal, wenn sie mit einander sprechen, kommt einem Gänsehaut auf, man kann sich in beide einfach so wunderbar hineinversetzten, wie ich finde.

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Oskar nickt mit dem Kopf nach rechts, und ich folge seiner Bewegung. Neben mir erhebt sich die Ewige Stadt wie ein Land vor unserer Zeit. Wie ein Traum, der einmal Wirklichkeit war. (S. 264)

Doch das Highlight war meiner Meinung nach ihre Reise nach Italien. Es war einfach so verrückt, dass ich lachen könnte, schreien könnte, dass ich gar nicht mehr zurückwollte aus ihrer Traumwelt. Und so beginnt ein Roadtrip in eine andere Welt, beherrscht von der Frage nach Leben und nicht nach Tagen. Sie besuchen mehrere italienische Städte, darunter Rom und Florenz, neben Venedig meine absoluten zwei Lieblingsstädte in Italien. Es wurde einfach alles so prachtvoll und mit Fantasie beschrieben, dass ich mich wirklich fühlte, als wäre ich gerade auch dort, als würde ich mit Tessa und Oskar vor dem riesigen Dom in Florenz stehen, vor der Ponte Vecchio oder doch dem Trevibrunnen in Rom.

„Krabbe, schau“, sagt Oskar und zeigt auf etwas vor uns. „Der Dom.“
Und da steht er und verschlägt mir die Sprache.“ (S. 247)

Ihr müsst wissen, zu Florenz habe ich einfach eine ganz besondere Beziehung, denn nachdem ich im letzten Sommer Love and Gelato gelesen habe, zufällig in Italien und nicht weit entfernt von dieser magischen Stadt, habe ich mit meiner besten Freundin einen Nachmittag Eis essend auf der Ponte Vecchio verbracht. In einem anderen Buch nun an die selben Orte zurückzukehren, hat mich wirklich glücklich gemacht und in mir besondere Sympathien hervorgerufen

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Neben Oskar ist die Realität irgendwie weniger hart. Seit wir das Auto geparkt haben, gehe ich wie auf Wolken. Wahrscheinlich, weil es mir so schwer fällt, klar zu denken, wenn er in meiner Nähe ist. (S. 73)

Ja ja, der Sommer kommt bald näher und ich bin unheimlich froh, dass ich mit diesem wunderbaren Buch von Anne Freytag meine Sommerbücher 2018 einläuten durfte. Gerade lese ich auch „Ein Sommer auf gut Glück“ aus dem cbt-Verlag, ich freue mich einfach schon unheimlich auf das warme Wetter, wenn einen die Sonne auf den armen Kitzelt und man endlich nicht mehr friert.

Früher dachte ich immer, es wäre gut zu wissen, wie viel Zeit man noch hat, aber da bin ich auch davon ausgegangen, dass es viele Jahre sein werden. Ich habe ein Verfallsdatum. Okay zugegeben, letztlich hat jeder eines, aber zu wissen, dass die meisten Konservendosen in unserer Speisekammer länger hier sein werden, als ich, ist hart. (S. 11)

„Mein bester letzter Sommer“ von Anne Freytag wird euch zu Tränen rühren, so viel ist Gewiss. Ihr werdet mit Oskar leiden, mit Tessa, ihr werdet jedes einzelne Gefühl verstehen lernen und das alles wird euch das Buch sicherlich verschlingen lassen. Doch gibt es da nur ein Problem: Meine Zeit mit Tessa und Oskar war so unglaublich kurz, ich wünschte, ich könnte Tessa zurückholen und sie auf einen Spaziergang einladen, ein bisschen mit ihr reden. Dieses Buch wird euch geben, was ihr braucht, eine schreckliche Liebesgeschichte gepaart mit Italien von seiner schönsten Seite.

Die liebe Kati hat meine Gedanken auf den Punkt gebracht. Ich wünsche mir auch noch immer, dass Oskar und Tessa einfach mehr Zeit gehabt hätten, das ist schrecklich gemein.

Dieses Buch hat mich unglaublich berührt. Von der ersten Seite schafft Anne Freytag es, einen in ihren Bann zu ziehen. Ihr Schreibstil ist unfassbar einfühlsam, aber auch schonungslos ehrlich. Man schließt Oskar und Tessa direkt ins Herz und wünscht sich, dass das Buch nie aufhört und die Liebesgeschichte von den beiden nie endet.

Auch die liebe Anne ist hin und weg von der tollen Story, die einem in „Mein bester letzter Sommer“ geboten wird. Auch ich werde mich wahrscheinlich bald an ein neues Buch von Anne Freytag machen, denn „Nicht weg und nicht da“ wartet schon in meinem Regal.

Das Buch ist einfach nur toll und hat mich sofort mitgenommen. Ich fand es atemberaubend schön, traurig, herzerwärmend und zum Verlieben schön… Das alles wurde in einem Buch untergebracht und ich freue mich schon auf ein weiteres Buch von Anne Freytag.

Doch umgehauen hat mich die Rezension von Lea-Sophie. Lasst das Zitat einfach einmal auf euch wirken.

Mit einem Schlag wurde mir schmerzhaft bewusst, wie kostbar mein Leben doch eigentlich ist und welch unsagbares Glück ich habe, gesund zu sein. Bei Tessa gibt es kein „Eines Tages, Baby…“, bei Tessa gibt es das Hier und Jetzt und vielleicht noch ein Morgen – was sie jetzt nicht erlebt, wird sie vielleicht nie erleben.

Noch ein kleines Zitat zum Abschluss, ich schummle es da einfach mal hinein. Immerhin habe ich den gesamten Beitrag mit Zitaten zu gemacht und jetzt fehlt mir der Platz!

Im Hier und Jetzt bin ich glücklich. Unbeschreiblich glücklich. Und ich kann nicht mehr aufhören zu lächeln. Zum ersten Mal habe ich wirklich das Gefühl, dass ich mich nicht verstecken muss. Oskar kennt meine Narben und ich kenne seine. (S. 329)

Autor: Anne Freytag
Verlag: Heyne fliegt
Seitenanzahl: 367